Führungsaufsicht als Alternative zur Sicherungsverwahrung? - Sieben Thesen als Stellungnahme zur Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht

Datum: 
2011-05-02 00:00:00

Das Bundesverfassungsgericht hat den DBH-Fachverband angefragt, wie die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach § 66b StGB aus Sicht der Bewährungs-, Gerichts- und Straffälligenhilfe bewertet werde. Dabei sollten besonders die praktischen Probleme im Rahmen der Anordnung, des Vollzuges, der Aussetzung und der Erledigung der Maßregel beachtet werden. Es wurde auch gefragt, ob und unter welchen Bedingungen die Führungsaufsicht eine Alternative zur Sicherungsverwahrung bilden könnte. In der vorgelegten Antwort im September 2010 werden zusammenfasst sieben Thesen vertreten:

1.    Der Umgang mit gefährlichen Straftätern wird schon seit langem von den ambulanten Sozialen Dienste der Justiz praktiziert, wie mit Probanden der Führungsaufsicht, Entlassenen aus den Forensischen Psychiatrien, Sexualstraftätern und aktuell durch die Einbindung in landesweite Überwachungsprogramme.

2.    Die Übergänge zwischen Strafvollzug und Nachbetreuung sind immer noch sehr verbesserungsbedürftig.

3.    Die Spezialisierung der Mitarbeiter/innen und die Entwicklung von Betreuungs- und Kontrollprogrammen haben sich als effizient erwiesen, sind aber nicht durchgängig in den Bundesländern entwickelt.

4.    Die Entwicklung von Betreuungsprogrammen mit entsprechender Personalausstattung ist notwendig. Die bestehende Betreuungsdichte von 75 - 105 Probanden pro Bewährungshelfer/in verhindert eine effektive Hilfe- und Kontrollleistung. Bei gefährlichen Straftätern sollte diese je nach Intensität der Betreuung bei 15 - 25 Probanden liegen

5.    “Runde Tische” oder “Kontroll- und Hilfekonferenzen” sind eine sinnvolle und effektive Maßnahme, um die Hilfe zu koordinieren und die Überwachung mit den beteiligten Institutionen abzustimmen. Die Überwachungs- und Betreuungssysteme (HEADS, KURS, etc.) setzen diese intensive Zusammenarbeit voraus.

6.    Die elektronische Überwachung kann sinnvoll sein, sollte aber nicht suggerieren, dass damit eine  absolute Sicherheit erreicht wird. Die erheblichen Investition und der Einplanung von Folgekosten müssen bedacht werden. Da bisher kein entsprechendes GPS-System - zur Erstellung eines Bewegungsprofils - in Deutschland Anwendung findet bedarf es einer umfangreichen Vorbereitung.

7.    Trotz der Gefährlichkeit der Klientel, der Notwendigkeit von Kontrolle und der Schaffung eines Zwangskontexts, ist festzuhalten, dass Angebote auf freiwilliger Basis deutlich risikosenkend wirken können. Ein beachtlicher Teil der Klientel ist durchaus bereit, sich in Übergangswohnheime und Einrichtungen des betreuten Wohnens zu begeben, die von Trägern der freien Straffälligenhilfe angeboten bzw. entwickelt werden müssen.

(die DBH-Stellungnahme ist in der Zeitschrift Bewährungshilfe Nr.1/2011 veröffentlicht)

 

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