Stellungnahme vom März 2006 zur Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug durch die Föderalismusreform

Datum: 
2006-03-08 00:00:00

Der DBH-Fachverband beobachtet mit Sorge die Absicht, im Zuge der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz für das Strafvollzugsrecht vom Bund auf die Länder zu verlagern, da diese Kompetenzübertragung gravierende negative Auswirkungen befürchten lässt. Die zu befürchtenden Nachteile überwiegen bei weitem die denkbaren Vorteile, wenn künftig 16 Ländergesetze den Strafvollzug regeln.

Ein Vorteil kann darin gesehen werden, dass das häufig schwerfällige Gesetzgebungsverfahren bei mitwirkungspflichtigen Bundesgesetzen, als Beispiele seien das Jugendstrafvollzugs– und das Untersuchungshaftvollzugsgesetz genannt, ersetzt wird durch eine flexiblere Gesetzgebung in Länderkompetenz.

Darin liegt aber auch gleichzeitig der Ansatzpunkt für die befürchteten Nachteile. Wird der Strafvollzug Ländersache, erwartet die Praxis negative Folgen für die Arbeit der sozialen Dienste im Strafvollzug und damit korrespondierend für die Resozialisierung von Straftätern.

Zwar sind auch die Landesgesetzgeber an die von den obersten Gerichten und der europäischen Union postulierten Mindeststandards gebunden, doch wird die jeweili- ge Finanzsituation zu Einschnitten beim Behandlungsvollzug führen. Entsprechende Äußerungen zuständiger Landespolitiker lassen Einschränkungen beim Behand- lungsvollzug und eine Hinwendung zum Verwahrvollzug befürchten.

Dass es diese Furcht leider nicht unbegründet ist, beweisen die in den letzten Jahren vorgenommenen erheblichen Kürzungen der Mittel, mit denen die Länder die freien Träger der Sozialarbeit unterstützen. Der Resozialisierungsgedanke als wesentlicher Faktor zur Verhinderung weiterer Strafen und damit dem Schutz der Gesellschaft dienend, droht in den Hintergrund zu geraten. Da der Strafvollzug in Grundrechte des Inhaftierten eingreift, ist bei unterschiedlichen Ausgestaltungen des Vollzugs mit einer Flut von Verfassungsbeschwerden zu rech- nen. Bundeseinheitliche gesetzliche Regelungen sind nach unserer Einschätzung besser geeignet, die Materie des Strafvollzugs zu regeln.

Wird der Strafvollzug Ländersache ist ein Gefangenentourismus zu befürchten. Begründet der Strafgefangene seinen Wohnsitz in einem ihm genehmeren Bundesland, folgt daraus – nach jetzigem Recht – ein Anspruch auf Verlegung in eine Vollzugsanstalt dieses Landes.

Die soziale Arbeit mit den Gefangenen ist wesentlicher Teil der Resozialisierung. Die Resozialisierung ist oberstes Vollzugsziel. Das geltende Strafvollzugsgesetz trägt diesem Gedanken Rechnung.

Der DBH-Fachverband schließt sich dem eindringlichen Appell zur Beibehaltung der Gesetzgebungskompetenz für das Strafvollzugsrecht beim Bund an.

Berlin, den 08.03.2006

DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik

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