Bericht des Europäischen Ausschusses für Strafrechtsfragen (CDPC)

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Der Europäische Ausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) hat am 28. September seinen Bericht "White paper on prison overcrowding" CM(2016)121 zur Problematik der Überbelegung in europäischen Vollzugsanstalten veröffentlicht.

Der Bericht kommt zum Ergebnis, dass trotz des Rückgangs der Inhaftiertenzahlen in den letzten Jahren in vielen Europäischen Ländern die Überbelegung der Gefängnisse weiterhin ein aktuelles Problem darstellt. Europäisch betrachtet stellen die Autoren eine veränderte Straf- und Vollzugspraxis fest, die längerfristig zu einer Zunahme der Inhaftierungszahlen führen könnte. Dafür werden mehrere Gründe aufgelistet:
1) der Straftatenkatalog im sog. „National Criminal Code“ wurde in den letzten Jahren immer mehr erweitert,
2) eine Zunahme in der Dauer der verhängten Freiheitsstrafen: in den letzten Jahrzehnten ist die Dauer der Freiheitsstrafe im Durchschnitt um ca. 1% gestiegen, in einigen Ländern um bis zu 3-5%. So ist beispielsweise 2014 die Anzahl der Gefangenen, die eine Haftstrafe von mehr als 10 Jahren erhalten haben im Vergleich zu 2013 um 2,1 Prozentpunkte gestiegen.

Die gesamte Gefängnispopulation ist von 2012 bis 2013 um 5% angestiegen, mit 127 Häftlingen pro 100.000 Einwohnern im Jahre 2012 auf 134 Häftlinge pro 100.000 Einwohnern im Jahre 2013. Nach SPACE I (Council of Europe Annual Penal Statistics SPACE I 2012/2013/2014) wurden im Jahr 2012 in 22 der 47 europäischen Ländern eine Überbelegung in Gefängnissen registriert. Eine Überbelegung im Gefängnis liegt vor, wenn mehr als 90% der zur Verfügung stehenden Haftplätze belegt sind. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass in vielen Gefängnissen nicht die komplette Kapazität genutzt werden kann und somit entsprechend die verbleibenden Abteilungen deutlich überbelegter sind, als das durch die Zahlen zum Ausdruck kommt. In einigen Vollzugsanstalten in Europa lassen sich vielfach der medizinische Bereich, Untersuchungshaftzellen oder getrennte Abteilung für weibliche Gefangene nicht nutzen.

In den europäischen Ländern gibt es verschiedene Strategien, der Überbelegung entgegenzuwirken:<br>
Teilweise werden bestehende Gefängnisse um Haftplätze baulich erweitert oder komplett neu errichtet. Teilweise stellt der Bericht auch hier Grenzen fest, da in der Praxis baulich erweiterte Gefängnisse keine Reduzierung der Gefängnispopulation vorweisen konnten – vielmehr ist es hier zur entsprechenden weiteren Auslastung gekommen. Ein weiteres Problem lässt sich darin erkennen, dass es sich beim Neubau größtenteils um sog. Hochsicherheitsgefängnisse handelt, obwohl nur ein vergleichsweise sehr geringer Anteil aller inhaftierten Personen als hochsicherheitsgefährdet eingestuft werden. Ein weiteres Problem, was mit der Überbelegung zusammenhängt, ist das unzureichende Angebot an Programmen und Betreuungsmöglichkeiten (zeitliche und/oder personelle Ressourcen) innerhalb des Vollzugs. Eine Resozialisierung ließe sich unter diesen Bedingungen kaum anstreben.
In den letzten Jahren hat zudem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach betont, dass eine Überbelegung von Gefängnissen eindeutig gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt: „No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment”. Jeder Insasse habe das Recht auf eine Zelle, die größer als 3 m² ist.

Im Dezember 2015 veröffentlichte das Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe („European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment”) bezugnehmend auf das Problem der Überbelegung in Gefängnissen und bzgl. Artikel 3 der ECHR folgende Empfehlung: Jeder Insasse eines Gefängnisses in Einzelhaft habe das Recht auf eine Zellengröße von mindestens 6 m² und im Falle von Mehrfachbelegung steht jeder inhaftierten Person zusätzlich 4 m² Fläche zur Verfügung.
Der Bericht betont die Verwendung von Haftalternativen in verschiedenen europäischen Ländern, die jedoch sehr selten zur Anwendung kommen. Insbesondere werden Alternativen zur Untersuchungshaft kaum genutzt.

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